Donnerstag, 7. September 2006

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Auf meiner Park Slope-Tour laufe ich in die falsche Richtung: Weg von den stylishen kleinen Shops und Cafés zum Expressway und den 99-Cent-Läden. Erinnert mich sehr an Jersey, aber sag das hier mal einem! Trotz des prophezeiten Regens knallt die Sonne runter, am Morgen durchs Fenster auf meinen Kopf, hier draußen auf alles. Ich hab nichts zu tun - mein erster freier Tag! Alle sind draußen, man grüßt sich, als würde man sich schon ewig kennen. Beim Bagel-Laden hol ich einen Kaffee und trinke ihn draußen auf der Bank. Und lerne sofort jemanden kennen. Er ist Musiker und lustig, wir schlendern die Straße entlang. Dann lädt er mich zu einem Steamer ein: aufgeschäumte Milch mit Geschmack. Ich nehm Irish Cream, ganz ok, bisschen langweilig. Er lässt sich zwei geheime Geschmacksrichtungen in seinen mischen. Wenn er die rausbekommt, verspricht ihm der Barmann ein Freigetränk. Wenn das den Ehrgeiz nicht weckt! Er meint, irgendwas Fruchtiges. Ich meine Macadamia und Vanille. Er versorgt mich mit Tipps für die Gegend, wir schwatzen eine Stunde - oder zwei? Der Tag plätschert dahin. Am Sonnabend macht er Kirchenmusik, das hör ich mir mal an. So, nun aber weiter, ich will ja noch zum Prospect Park ... Yay, und es war tatsächlich Macadamia-Vanille!

Dienstag, 5. September 2006

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Jetzt hab ich doch auf Wlan in der Waschküche vom YMCA spekuliert. Dabei hab ich hier nicht mal Handyempfang. Der erste, den ich hier unten treffe, ist aus Thüringen. "Ooch ne Ostbirne", wie er meint. Diese Reise ist so eine Zeitreise für mich. Bisher. Meine New Yorker Vergangenheit lauert hinter jeder Straßenecke - zumindest Manhattan ist mir so vertraut, es gibt nur noch Kleinigkeiten zu entdecken: "Ach, sieh mal an ..." Oder Verluste zu beklagen: "Der 2nd Avenue Deli hat zugemacht - oh nein!"
Die Vergangenheit geht aber noch tiefer, erst mit meiner Mutter und jetzt mit G., der besten Schulfreundin aus der Kindheit. Wir haben uns beide verändert, aber so vieles ist auch ähnlich geblieben. Ich kann inzwischen nur viel besser damit umgehen. Mit ihrer direkten Art, die genauso ist wie früher und die mich früher immer fast zum Heulen gebracht hat. Jetzt genieß ich es schon ein bisschen und kann drüber lachen. Ich laufe durch New York und berlinere, das ist auch ein komisches Gefühl. Ich kann nicht anders. Wenn jemand neben mir berlinert, kommt alles wieder durch, der sorgfältig abtrainierte Dialekt, haha.
Ich versuch ja, auch Deutschen gegenüber offen und unvoreingenommen zu sein. Besonders auch gegenüber den Ostbirnen. Aber der Thüringer erfüllt jedes Klischee, vom gegelten Scheitel über die gezupften Augenbrauen und die aufgepumpten Oberarme bis zu den rassistischen Sprüchen nach den ersten paar Minuten Kennenlern-Gelaber. Da vergeht's mir und ich freue mich auf meine Brooklyner Zeit, die heute abend anfängt. Dort kann man den Vollidioten-Touristen schon aus dem Weg gehen, dort werde ich endlich wieder in der Gegenwart leben und Entdeckungen machen können. Hoffe ich.

Mittwoch, 30. August 2006

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Jetzt ist es fast schon eine Woche und ich bin zu nichts gekommen. Die Tage hier sind vollgepackt und anstrengend, es hat schon ewig gebraucht, bis ich ein Kabel für meinen Computer gekauft habe. Und ich hatte mir so viel vorgenommen: Lesen, schreiben, fotografieren, zeichnen. Alles, was ich bisher fertig gebracht habe, ist ein lausiges Bild. Ansonsten ist mir der Stift im Bett ausgelaufen, weil ich drüber eingeschlafen bin.

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Um dem Nachdenklichen hier mal nicht so viel Gewicht zu geben: Ich etabliere mich gerade als Manhattan-Chick. Beim sehr frühmorgentlichen Joggen im Central Park und strömendem, schüttendem Regen - was für ein Lauf! - erstmal ein Date ausmachen. So ist das hier. Er hat einen Boxer, und ich mag Boxer. Also treffen wir uns beim Cubaner und trinken Mojitos. Jetzt will er auch noch essen gehen und zum Baseball und an den Strand und wasweißichnochalles. Und ich denke mir, Drinks waren nett, aber damit ist's auch gut. Andererseits würd ich auch ganz gerne mal wieder zum Baseball ...

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Der erste Abend. Meine Mutter ist müde, ich eigentlich auch, aber aufgekratzt. Zum ersten Mal für länger in Manhattan wohnen, seltsame Vorstellung. Ich will nur raus und mich umsehen. Und gehe los und kann es noch gar nicht so richtig fassen, überhaupt wieder hier zu sein. Andererseits fühlt es sich auch fast beängstigend normal an. Kein richtiger Euphorierausch, bis heute nicht. Den Broadway runter, meine alte Strecke von der Arbeit. Die Begeisterung ist so gedämpft, was ist nur los? Vielleicht ist es die drückende Verantwortung als Reiseleiterin für meine Mutter? Dass ich jetzt alles mit anderen, kritischeren Augen sehe? Das graue, endlose Regenwetter, das die Stimmung drückt und die Stadt eher wie einen Moloch erscheinen lässt? Meine überzogenen Erwartungen, die mit der glücklichen, hyperaktiven Zeit vor zwei Jahren verknüpft sind? Ich fühle mich schon glücklich, ich habe Energie und bin aktiv. Aber vielleicht fehlt mir ein bisschen die Aufgabe? So richtig am Entecken bin ich nicht - eher am Zeigen und Erinnern. Revisit. Alles noch wie früher, alles an seinem Platz, nur die vertrauten Gesichter fehlen. Die vertrauten, die ich finde, sind Gesichter aus Berlin. Was schön ist, aber mich vom Ort entfernt. Schon am JFK stand ein Ex-Date von mir kurz vor uns in der Immigration-Schlange. Er fliegt gleich weiter nach Vegas zum Arbeiten, aber auf dem Rückweg bleibt er ein paar Tage hier. (Also doch auch ein Date in spe.)
Natürlich gibt es auch neue Gesichter, die langsam vertrauter werden. Aber das macht alles so beliebig. Gut, ich habe es auch noch nicht hard enough versucht. Ok, ok. Ich bin ja auch wirklich eingebunden. Aber ich frage mich, wie es wohl weitergehen wird.

Neuanfang

Da bin ich endlich mal früh zu Hause mit Zeit und Muße und sitze kommunikationsmäßig auf dem Trockenen. Das Handy ist alle, das geklaute WLAN lässt sich nicht klauen, was nun? Trockenbloggen.

Dienstag, 24. Mai 2005

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Ja, Überraschung. Da hatte ich doch noch ein paar NY-Texte auf Halde rumliegen.
Das wird jetzt allerdings kein neuer Start fürs Kirschkleid. Nein, das ist eher ein Abschiedsgeflüster. Bis auf weiteres.
Manchmal muss man eine Tür zumachen, damit eine andere aufgehen kann. Zitierte mir K. gestern eine Unterwäscheverkäuferin. Die neue Tür ist die Vermittlung. Ein gemeinsames Projekt von Giles (seabreeze) und mir.

Vielen Dank fürs Lesen und die Geduld, die Treue - hier nochmal vorbeizuschauen - nach so vielen Monaten ... Danke!
Und wie gesagt - die Vermittlung ...

Ich hab noch ein Fahrrad in New York ...

Schweren Herzens hab ich's dagelassen, denn ich liebe es sehr. Es ist jetzt mein Pfand. Mein Anker, der mir verspricht, das Kapitel ist noch nicht zu Ende. Es steht bei Christian im Büro. Ein schickes großes Architektenbüro. Da passt es hin, denn es ist wirklich sehr hübsch.

Mein armes Berliner Rad hatte einen Tag vor meiner Abreise eine fatale Panne, und ich mag es jetzt gar nicht mehr ansehen. Ich glaub auch, dass ich es nicht alleine reparieren kann.
Vielleicht bring ich es ja die Tage mal weg und geb ihm eine neue Chance. Ohne aber jemals seinen Rivalen zu vergessen ...

bike

No Sleep Till Berlyn

Zwei (und nicht drei, wie rebellisch!) Stunden vor dem Flug setzt uns das Taxi am JFK ab. Die Schlaflosigkeit der letzten Tage führte zu Überdrehtheit und einem Mangel an Abschiedsschmerz. Glücklicherweise. Aber auch zu noch größerer Verpeiltheit als üblich. Eine Minute nachdem das Taxi weg ist, merke ich, mein Portmonee ist auch weg. Scheiße, im Taxi! Ich renne noch, aber keine Chance. Die Telefonkarten sind leertelefoniert, das letzte Geld ist im - Portmonee. Was nun, was nun? Giles hat noch einen Dollar. Ich renne in den Terminal, muss dringend telefonieren. Am Mietautostand gucken sie verständnislos. Irgendwo sei hier ein Münztelefon. Super, ich mit meinem Schein. Gegenüber ist ein Hotdog-Stand, Nathan's. Nein, sie könnten mir den Dollar nicht wechseln, kein Kleingeld. Was für ein Abschied, denke ich mir und langsam ist mir doch zum Heulen. Die Frau bei Nathan's fragt: "Welche Nummer?" Sie lässt mich von ihrem Handy anrufen. Unsere Vermieterin, die das Taxi bestellt hat, dann auch noch die Taxizentrale. Das dauert ewig. Unser Fahrer muss erst rechts ranfahren und das blöde Ding suchen. Klein und schwarz. (Mein nächstes wird ein bunt-blinkendes von Hello Kitty sein.) Ok, er hat's. Wenig später ist er wieder am Flughafen und übergibt mir mein Portmonee. Er strahlt mich nur an und wünscht mir einen guten Flug. Nehmen will er nichts. Der Abschied ist gerettet.

I Heart NY

Die letzten Tage waren von einem hektischen "Ach, wir waren ja noch gar nicht in ... (Rosita's Café, dem Bronx Zoo, der Frick Collection, Flushing Meadows, Bensonhurst, dem 2nd Ave Deli)" geprägt. Manches Abhaken erledigte sich glücklicherweise schon mit sekundenlanger physischer Anwesenheit (Rosita's Café - hieß das überhaupt so, Giles?).
Am vorletzten Tag hatte ich sämtliche Weihnachtsgeschenke für meine und Giles' Familie eingekauft: Dieses Jahr machen wir es uns leicht und schenken jedem ein "I love NY"-T-Shirt. Ich hatte also entsprechend 27 solcher Shirts in der auf sie abgestimmten Plastiktüte bei mir. Der Kauf war schon ein Drama für sich, bei dem ich mich mit einem der Händler so sehr stritt, dass ich ohne Shirts wieder aus dem Laden stiefelte. Ich kaufte sie dann woanders, wo man mich zwar als Touri aber nicht als dummen Touri behandelte.
Im 2nd Ave Deli gab es etwas später saure Gurken umsonst und am gegenüberliegenden Tisch Flirtchancen. Ich aß meinen mächtigen aber prächtigen Käsekuchen und Giles eine seltsame rote Wurst, während wir mit den coolen Jungs vom Nachbartisch heftig hin und hersympathisierten. Wir gingen dann, die Jungs blieben, noch ein kurzes Zwinkern durchs Fenster, optimal.
Hundert Schritte weiter die Erkenntnis, dass die Einkäufe fehlen. Die liegen noch unter der Sitzbank vom Deli. Wie peinlich, da müssen wir ja noch mal an den Typen vorbei ... Vielleicht bekommen die's ja gar nicht mit?
Doch. Sie empfangen uns an der Tür, überreichen die Tüte. "I love New York" sagt der eine. "Ähä, me too." stammel ich. Ich fühle mich als hätte ich in Berlin die gesamte "Berlin - home since 2004"-Kollektion aufgekauft.
Jegliche Coolness ist jedenfalls restlos dahin.

WTC -> CTW

Wenn ich zum Children Television Workshop fahre, dann über die World Trade Center-Station, von Jersey aus mit dem Path. Als Giles und ich zum ersten Mal die Strecke fuhren, waren wir auf nichts vorbereitet. Plötzlich waren wir nicht mehr im Tunnel, die Sonne schien in unsere Augen und auf die Großbaustelle und wir fuhren mitten hindurch. Wie durch eine offene Wunde.
Gerade das Unvermittelte machte es auf einmal so wirklich. Und obwohl ich die Strecke inzwischen bestimmt schon 60mal gefahren bin, erschrecke ich mich manchmal immer noch, wenn die Sonne auftaucht und das erste, was ich von New York sehe, immer wieder das hier ist.
Einen Tag vorher waren wir mehr aus Zufall dort. Hauptsächlich, um zur Deutschen Bank zu gehen, deren Adresse uns ein Freund aus dem Internet herausgesucht hat (danke, Parka!). Der Ort selber hatte für mich mehr als alles andere etwas Touristisches und aus der Ferne schon Abgegriffenes. Wir konnten das Bankhaus (130 Liberty) nicht finden, also fragte ich einen Feuerwehrmann(!). Der schaute mich an, als würde ich einen schlechten Scherz machen. Zeigte auf ein schwarz verhängtes Hochhaus: "They gonna tear this down. This is closed since 9/11." Oh.
Da war es dunkel, bei Tageslicht ist es unübersehbar eine Ruine.
Der zigarrerauchende Feuerwehrmann wird es vielleicht verkraften.
Und ich fühlte mich als Unbehagenstourist.


path

Macy

Ich hatte mir eingebildet, die Thanksgiving-Parade mit dem Fahrrad anfahren zu können, nett die Strecke abzufahren und ein paar aberwitzig große Cartoonfiguren durch die Luft schweben zu sehen. Dass ich mit diesem Plan nicht alleine wäre, war mir klar, aber dass alle Menschen der Stadt an der 33. Straße sein würden, hätte ich wirklich nicht gedacht. Das Fahrrad abzuschließen und hinterher zu ihm zurückkehren zu können, wurden die großen Abenteuer des Tages.

Was ist eigentlich mit diesen Gerüchten, dass die Russen in Moskau zu den großen Paraden der Sowjetunion im Mai und November das Wetter beeinflusst haben? Hab ich mir die ausgedacht oder gibt es die wirklich? Und wenn ja, ist da was dran? Kann man sowas machen? Geht das rein physikalisch? - Wenn ja, hab ich Macy's im Verdacht, das auch zu machen. Nach tagelangem grauen Himmel und Schlechte-Laune-Wetter, war es für die drei Stunden der Parade geradezu absurd schön: Nicht eine Wolke, die Sonne knallte, ich musste mir meine Jacke und Strickjacke ausziehen. Eine Stunde nach der Parade fing es an zu regnen und so gefroren hatte ich schon lange nicht mehr.
Sollte das Gerücht noch nicht existieren, möchte ich es auf diesem Weg gerne in die Welt setzen.



macy

Bronx Style

An einem meiner letzten gestohlenen Tage will ich in den Bronx Zoo. So viel Gutes davon gehört.
Es regnet zwar, aber ich hab ja einen Schirm. Auf der Fahrt dorthin rutsche ich beim Einsteigen in die U-Bahn mit dem rechten Bein (jaja, das gesamte Bein) in die klaffende Lücke zwischen U-Bahn und Bahnsteig. Dabei schneide ich mir an dem blöden Schirm meinen Daumen auf, sodass ich blutend und gedemütigt mit pulsierender Hand im Wagen stehe und mitleidige Blicke ernte. Ist das die Strafe fürs Tagestehlen? Hätte ich doch am regulären Termin nach Berlin zurückkehren sollen? Von allen Seiten reicht man mir Taschentücher und Servietten. Auf der langen Fahrt hört das Blut auf zu fließen und als ich aussteige, fühle ich mich fast normal.
Aber der Zoo, du, das hat sich gelohnt. Es gießt ganz schön. Die Tiere stehen deshalb lieber drinnen und sind nicht zu sehen. Erstaunlicherweise bin ich nicht die einzige dort. Aber fast. Komischerweise wird mir ganz weihnachtlich. So eine seltsame beschwingte Melancholie.
In einem der Häuser sehe ich dann das, was ich niemals erwartet hatte, in meinem Leben von Angesicht zu Angesicht zu erblicken: Nacktmulle! Das war es wert. Alles, was ich jemals über sie gelesen habe, ist wahr! Und es gibt sie sogar wirklich. Der Nacktmull, das tatsächlich hässlichste Säugetier der Erde.

Bulgarian Cultural Exchange

Nach der Party noch wohin. Mit einem Haufen New Yorkern, die sich mit coolen Ideen gegenseitig überbieten wollen. Bulgarian Cultural Exchange macht das Rennen. Also mit zwei Taxis von der Upper West Side auf zur Canal Street!
Mein Taxi ist zuerst da. Wir müssen Treppen steigen. Viele Leute sind nicht mehr da, es kommt auch keine Musik. Egal, erst mal ein Bier bestellen. - Denkt sich der Typ, der im Taxi neben mir gesessen hat und gibt mir einen Schluck ab.
Plötzlich Musik, Balkan-Style mit Flöte, Geigen, Ziehharmonika, Schlagzeug und Trompete. Die Tanzfläche ist im selben Moment brechend voll, wo kommen auf einmal die ganzen Leute her?! Wer keinen Platz mehr dort findet, tanzt auf den Stühlen. Alle pogen oder tanzen im großen, sich umärmelnden Kreis. Das Lied - wird auch gesungen? - dauert ewig und wiederholt sich ständig. Der kleine Raum vibriert, es wird gekreischt und gerempelt. Ekstase könnte man hier mal anbringen.
Irgendwann ist das Lied aus, dann auch wieder gar keine Musik mehr. Alle kehren sachlich nüchtern an die Tische zurück. Als wäre nichts gewesen. Jetzt höre ich auch mein Handy. Angels Taxi ist endlich da und sie suchen uns. Als wir uns sehen, kann sie meine rotbackige Begeisterung nicht verstehen, ist doch voll fad hier. Lange bleiben wir dann auch nicht mehr.

Squirrels? - Charming!

Auch in New York - der schlanksten Stadt der USA - gibt es genug Leute mit Gewichtsproblemen. Die Verlockungen der Stadt beschränken sich ja nicht nur auf eine Vielfalt attraktiver visueller Reize, sondern auch olfaktorischer. Überall duftet es nach Essen. Selbst pappsatt ist es oft schwer genug, keinen Appetit zu bekommen.

Damit müssen wohl auch die Eichhörnchen kämpfen. Der Trieb, sich vorm Winterschlaf die Wampe vollzuhauen bis nichts mehr geht, hat bei einigen Exemplaren schon ziemlich groteske Formen angenommen. Beängstigend. Wie die es noch einen Baum hoch schaffen wollen in die warme Höhle, ist mir völlig unklar. Wahrscheinlich ist es aber auch überflüssig, weil sie vorm Winter einfach platzen werden.

mampfi

Fisherman

Dass man am Strand vom Ozean angeln kann, finde ich unglaubwürdig. Da ist es doch flach, dann die ganzen Wellen. Beim Baden ist mir auch noch nie ein Fisch begegnet. Ein Krebs hat mich mal in den Zeh gezwickt, aber sowas kann man ja nicht angeln!
Wie dem auch sei, am Rockaway Beach stehen sie rum und angeln. Als Angel und ich schauen wollen, ob sie ein lächerliches Fischlein rausgezogen haben, fallen wir beinahe über ein anglerlatein-verdächtiges Exemplar. Der stolze Angler ist auch gleich dabei, kann aber unsere Fragen nicht beantworten. Er kann nur russisch. Und ich weiß noch nicht mal mehr, was Fisch auf russisch heißt. Außerdem lebt der ja noch, der Fisch. Omeingott. Wie grausam. Da gehen wir lieber.

fish

Jersey Girl

Nach meiner ersten Ausgeherfahrung in New York, beschloss ich, ein Jersey Girl zu werden. Niemand hatte mit mir gesprochen, nur der Klomann. Alle starrten auf ihre Handys und gaben einem das Gefühl, eine wahre Klette zu sein. Nur weil man an den einen Satz noch einen zweiten drangehängt hat. Das 0,3er Bier kostete $7. Evil New York haben wir es noch am gleichen Abend genannt, zu Hause in Jersey.
Ab sofort erobern wir Jersey!
beschlossen Giles und ich kleinlaut, der Herausforderung New York City offenbar nicht gewachsen.
Es folgten Tage und eine - wirklich legendäre - Nacht in Hoboken. Ausflüge nach North Bergen und Union City, die Entdeckung des Loew's Kinopalastes. Trotzig erklärten wir Coors Light zum Lieblingsbier.
Jersey, spektakulär durch die Skyline von Manhattan, punktete durch amerikanischen Kleinstadtcharme. Suburbia: bodenständiger, aber auch langweiliger und stark von der Nähe zur Weltstadt zehrend. Das ist uns dann auch recht schnell aufgegangen und wir priesen wieder die Nähe zum Path Train, mit dem man in 12 Minuten downtown ist.
Doch Coors Light blieb und wir verbrüderten uns jedesmal, wenn wir Leute trafen, die auch aus Jersey kamen: low rent, high life.



better

Oscar

Hab ich das jetzt zu oft erzählt, um es noch aufschreiben zu können? Der Besuch der Studios war natürlich der Höhepunkt meiner Arbeit bei Sesame Street. Taktisch klug ans Ende gelegt, hatte sich bei mir erwartungsvolle Spannung aufgebaut. Erwartungen, die einmal mehr übertroffen wurden.
Ich stand zwar die ganze Zeit nur blöd rum, aber ich fühlte mich trotzdem zugehörig. Eine seltsame Welt aus Monstern, singenden Uhus und sprechendem Obst. Sehr liebevoll bis in niemals sendbare Details. Oder wird irgendjemand den Klappentext des Buchs, aus dem Oscar seinem Wurm Slimy vorliest, auch nur wahrnehmen? Schade, denn der war sehr lustig.
Da die Puppen sehr schwer sind, laufen die Proben ohne - nur mit Händen. Kann sich jemand vorstellen, dass eine Hand nach Oscar aussieht? In der Charakteristik der Bewegung? Naja, er hat ja 35 Jahre Übung ...


cookie

De singende Mexikane

Unten am Hafen kurz vor der Dämmerung. Hier sind nur Leute, denen es gut geht und die nichts zu tun haben: Paare, Touristen, Skater, Spaziergänger und ich. Es ist so friedlich in dem warmen Abendlicht. Alles brummt nur so vor Zufriedenheit. Wenn es nicht so angenehm wäre, könnte man direkt kotzen.
Der Mexikaner geht langsam auf und ab, im Arm hat er einen kleinen Gettoblaster. Und spielt mexikanische Musik mit viel Blechblaswerkzeug ab und singt dazu. So, dass alle um mich rum und auch ich schon ganz feucht gucken. Die Sonne sinkt langsam, und keiner steht auf und geht. Ich höre nur noch die Musik, das Plätschern und das klackende Geräusch der Skateboards.

Dann ist die Sonne weg, er drückt die Stopptaste und schlendert davon. Ach ja, ist auch ganz schön kühl jetzt.


mex

Schweden

Als Radfahrerin habe ich hier noch zusätzlichen Exotenbonus. Es gibt zwar Radfahrer, aber die meisten sind Lieferjungs, Asiaten, HighTech-Radler oder seltsam. Mir und Giles wird am ehesten das Attribut so european als Kompliment dargeboten. Sam, der in einem Fahrradladen auf der 95. Straße arbeitete, erzählte mir dazu mal diese Geschichte:
Kurz vor Weihnachten, an einem grauen, eiskalten Vormittag, an dem es auch noch fürchterlich regnete, kam eine vierköpfige schwedische Familie zu ihm in den Laden. Schon die präpubertäre Tochter überragte ihn um einen halben Kopf, von den anderen gar nicht zu reden. Sie wollten Fahrräder ausleihen für den Tag. "And the bikes we rent out are shit!" Als wäre das nicht genug, kamen sie am Abend, zehn Minuten vor Schluss zurück. Nass aber glücklich. Sie sind bis nach Coney Island und wieder zurück gefahren. Und wer nicht weiß, wo Coney Island liegt, soll sich das bitte mal auf der Karte anschauen.

Wiedersehen

Man fühlt sich schon irgendwie als Dazugehörig geadelt, wenn man unvermutet Leute wieder trifft. Noch dazu in einer Millionenstadt, das möchte ich doch mal betonen.
Zu einem Date mit C. im McSorly's verspätet er sich. Genug Zeit also, um ein paar Worte über diesen Ort zu verlieren: Wenn man ein Bier bestellt, bekommt man grundsätzlich zwei, es ist laut und voll und billig. Man bekommt für zwei Dollar einen Riesenberg Cracker und Käse. Und ich schulde Giles noch ein Bier dort aus einer verlorenen Wette.
Während ich mich so umschaue, entdecke ich plötzlich David, den Angel, Giles und ich in einem risikofreudigen Abend zusammen mit John und dem furchtbaren Amen (hahaha!) kennengelernt hatten. "Hey, du wolltest dich doch bei Giles melden!" werfe ich ihm sogleich vor, nachdem er mich endlich erkannt hat. Sollte ich vielleicht eine Chance bekommen, herauszufinden, warum Männer sich nie melden, wenn sie sagen, dass sie es tun? (Sorry für das doofe Vorurteil, ich hab inzwischen auch ein paar gute Erfahrungen gemacht und bin daher milder gestimmt.)
Leider erzählt er nur Blödsinn, dass er kein Arschloch sein wollte und sich selbst zu gut kennt, wirres Zeug. Zur Versöhnung schenkt er mir sein obligatorisches zweites Bier und, juhuh, da ist auch C! Es fing gerade an, etwas gequält zu werden.

Donnerstag, 4. November 2004

Hallofuckinween

Ja, ich hab mich verkleidet! Giles auch, Angel fand Boykott cooler.
Giles war verwegene 80er-Jahre-Katze und ich weird army chick. Braucht es mehr Erklaerung? Nein.
Sehr spaet und: ja, ich hatte auch schon ein paar Biere getrunken – bewundert eine Frau neben mir meine 1$-Camouflage-Kanone. Ich halt sie ihr schon unter die Nase, „Shoot me, shoot me!“ ruft sie. Beschleunigte und verzoegerte Reaktion dank Alkohol. Beschleunigung: ich druecke ab. Verzoegerung: ‚das kann ich eigentlich nicht machen – oh Mist, hab ich ja schon.’ Ein sauberer Wangenschuss. Gebt mir nur nie eine echte Waffe in die Hand!
Meine einzige Rechtfertigung: Sie hat drum gebeten. Als Wiedergutmachung kuesse ich sie auf die Einschussstelle. Ich geh ab sofort nur noch als Schmetterling, Blume, Prinzessin oder Bunny.


hallofuckinween

Deutschstunde

Angel hat Giles und mich zu Gunsten von Manhattan verlassen. Doch wir trennen uns im Guten und tragen ihr sogar die Taschen in ihr eigenes kleines Studio. Beim Aussteigen aus dem Path sind wir langsam und ungeschickt, eine der Taschen bleibt in der sich schliessenden Tuere klemmen. Aus dem Nichts stemmen drei Maenner die Tueren wieder auf - die Tasche ist gerettet! Einer der drei ist klein und hat einen enormen weissen Schnurrbart. Er draengt auf Verbruederung. Der andere ist sein Sohn, Eugene. Der dritte ist wieder ins Nichts verschwunden.
Aus einem dankbaren Gefuehl heraus, tue ich so, als koenne ich russisch, nachdem er sagte, er sei Russe. Natuerlich scheitere ich an seiner Geschichte, die sofort aus ihm heraussprudelt. Auf russisch. Also, er war klein und im Ferienlager und konnte nicht schwimmen, ist aber trotzdem in den Fluss gesprungen. Und dann? Eugene springt ein und uebersetzt fuer mich: Ein SS-Mann kam vorbei und hat ihn gerettet. Er gab dem SS-Mann Brot und der gab ihm einen Loeffel mit eingraviertem Hakenkreuz und der Zahl 1942. Seitdem liebt er die Deutschen.
Wie schoen!
Was soll ich dazu sagen? Ausser: aha, das gab's also auch. Beklemmtes Laecheln. Ich komme ohnehin nicht zu Wort. Wir sollen doch alle am Sonntag ins Museum gehen. Eugene meldet sich!
Der Sonntag ist lange verstrichen und Eugene hat sich nicht gemeldet. Irgendwie macht ihn das sympathisch. (Der Einstieg in einen Teufelskreis ...)

...

Bob Geldorf hat sich einmal mehr als Vollidiot erwiesen.

Servicewueste

Mir ist es inzwischen schon dreimal passiert, dass ich ins Kino wollte und es ausverkauft war. Also jedes Mal, wenn ich ins regulaere Kino wollte. Und ich war immer mindestens eine halbe Stunde vorher da!
(Das zwingt mich immerhin mal spontan zu sein: einen Film zu sehen, von dem ich noch nicht einmal was gehoert hatte - hat sich gelohnt! – ein sich sehr ploetzlich anbietendes Date doch nicht auszuschlagen – hat sich erst recht gelohnt! – und bei Strand endlich ein neues Buch zu kaufen – lohnt sich noch immer!)
Am Montag warnt die zweifelhafte Metro-Zeitung auf Seite eins die Waehler von morgen vor Schlangen an den Wahlbueros und langen Wartezeiten. Ist das jetzt Mangel an Organisation oder doch nur Panikmache um die Wahlbeteiligung niedrig zu halten?


Jetzt, am Donnerstag, moechte ich diese Frage gar nicht mehr stellen.

Auto Space

Bei uns in Jersey City ist es ja nicht ganz so schlimm mit dem Platzmangel wie auf der anderen Seite vom Hudson. Trotzdem stehen alle Autos vor den Garagen. Ein Zimmer mehr.
Am liebsten ist mir die Szene an der Ecke zur Chestnut Avenue: Die Tuer hochgelassen, drinnen heimeliges Neonlicht und die Maenner stehen mit Bierdosen und Daunenjacken um den Fernseher herum.


suburb

Dogville

Erstaunlich viele Hunde in der Stadt! Erstaunlich weil, wenn man ein 30-qm-Studio fuer sich alleine hat, man schon mit viel Platz gesegnet ist! Dementsprechend klein sind auch die Hunde. Winzig und neurotisch. Hysterisch klaeffend Eichhoernchen jagend, die groesser sind als sie selber. Sich von einem lahmen Haken, den das Eichhoernchen schlaegt (die sollten mal einem Kaninchen begegnen), voellig aus dem Konzept bringen lassend.
Wo isses denn? – Den Baum rauf! – Ja, wo den nur? – Zwecklos.
Es gibt natuerlich auch Angeber, die mit ihrer Daenischen Dogge, die sie um einen halben Kopf ueberragt, die noerdliche 5th Avenue entlangflanieren. Ist bestimmt gemuetlich in deren Studio.
Mittlere Hunde (die einzig Wahren, Hunde-Hunde eben) sind selten.

Hallofuckinween II

Nach einem Fehlstart im Dempsey’s sind wir auf C.s Party im Meatpacking District. Sehr entspannt, ein ueberraschend angenehmer und unpraetentioeser Ort! Es ist warm genug, dass wir ohne Jacken im kleinen Garten sitzen koennen (wenn wir doch mal nicht tanzen). Das ueberzeugendste Kostuem haben wir den ganzen Abend neben uns: jemand geht als Julia Stiles.
Dann kommt A. als Elvis verkleidet und draengt uns, sofort auf die Manhattaner Halloweenparty mitzukommen. Julia hat ihn scheinbar nicht ausreichend beeindruckt! Wir waegen ab, es ist so nett hier, aber es ist auch schon spaet und viel wird nicht mehr passieren, also na gut.
Wir landen im 90° von Chelsea. Immerhin hat uns A. an der Tuer vorbeigeschleust (30 $!!). Im Backroom wird gestrippt und jetzt weiss ich endlich auch, was lap dance ist ... Ansonsten allgegenwaertiger Tunnelblick.

...

God is what?

3. November

In voelliger Verleugnung des nahenden Winters bluehen die Kirschbaeume im Riverside Park.

Das Empire State Building leuchtete gestern blau und heute weiss - und nicht etwa rot.

Bei naeherer Betrachtung der Baeume sehe ich nicht nur die Blueten, sondern auch Kirschen, buntes Laub und kahle Aeste. Sollte das moeglich sein?

Verzweifelter Optimismus.


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