Streetlife

Dienstag, 24. Mai 2005

WTC -> CTW

Wenn ich zum Children Television Workshop fahre, dann über die World Trade Center-Station, von Jersey aus mit dem Path. Als Giles und ich zum ersten Mal die Strecke fuhren, waren wir auf nichts vorbereitet. Plötzlich waren wir nicht mehr im Tunnel, die Sonne schien in unsere Augen und auf die Großbaustelle und wir fuhren mitten hindurch. Wie durch eine offene Wunde.
Gerade das Unvermittelte machte es auf einmal so wirklich. Und obwohl ich die Strecke inzwischen bestimmt schon 60mal gefahren bin, erschrecke ich mich manchmal immer noch, wenn die Sonne auftaucht und das erste, was ich von New York sehe, immer wieder das hier ist.
Einen Tag vorher waren wir mehr aus Zufall dort. Hauptsächlich, um zur Deutschen Bank zu gehen, deren Adresse uns ein Freund aus dem Internet herausgesucht hat (danke, Parka!). Der Ort selber hatte für mich mehr als alles andere etwas Touristisches und aus der Ferne schon Abgegriffenes. Wir konnten das Bankhaus (130 Liberty) nicht finden, also fragte ich einen Feuerwehrmann(!). Der schaute mich an, als würde ich einen schlechten Scherz machen. Zeigte auf ein schwarz verhängtes Hochhaus: "They gonna tear this down. This is closed since 9/11." Oh.
Da war es dunkel, bei Tageslicht ist es unübersehbar eine Ruine.
Der zigarrerauchende Feuerwehrmann wird es vielleicht verkraften.
Und ich fühlte mich als Unbehagenstourist.


path

De singende Mexikane

Unten am Hafen kurz vor der Dämmerung. Hier sind nur Leute, denen es gut geht und die nichts zu tun haben: Paare, Touristen, Skater, Spaziergänger und ich. Es ist so friedlich in dem warmen Abendlicht. Alles brummt nur so vor Zufriedenheit. Wenn es nicht so angenehm wäre, könnte man direkt kotzen.
Der Mexikaner geht langsam auf und ab, im Arm hat er einen kleinen Gettoblaster. Und spielt mexikanische Musik mit viel Blechblaswerkzeug ab und singt dazu. So, dass alle um mich rum und auch ich schon ganz feucht gucken. Die Sonne sinkt langsam, und keiner steht auf und geht. Ich höre nur noch die Musik, das Plätschern und das klackende Geräusch der Skateboards.

Dann ist die Sonne weg, er drückt die Stopptaste und schlendert davon. Ach ja, ist auch ganz schön kühl jetzt.


mex

Schweden

Als Radfahrerin habe ich hier noch zusätzlichen Exotenbonus. Es gibt zwar Radfahrer, aber die meisten sind Lieferjungs, Asiaten, HighTech-Radler oder seltsam. Mir und Giles wird am ehesten das Attribut so european als Kompliment dargeboten. Sam, der in einem Fahrradladen auf der 95. Straße arbeitete, erzählte mir dazu mal diese Geschichte:
Kurz vor Weihnachten, an einem grauen, eiskalten Vormittag, an dem es auch noch fürchterlich regnete, kam eine vierköpfige schwedische Familie zu ihm in den Laden. Schon die präpubertäre Tochter überragte ihn um einen halben Kopf, von den anderen gar nicht zu reden. Sie wollten Fahrräder ausleihen für den Tag. "And the bikes we rent out are shit!" Als wäre das nicht genug, kamen sie am Abend, zehn Minuten vor Schluss zurück. Nass aber glücklich. Sie sind bis nach Coney Island und wieder zurück gefahren. Und wer nicht weiß, wo Coney Island liegt, soll sich das bitte mal auf der Karte anschauen.

Donnerstag, 4. November 2004

Deutschstunde

Angel hat Giles und mich zu Gunsten von Manhattan verlassen. Doch wir trennen uns im Guten und tragen ihr sogar die Taschen in ihr eigenes kleines Studio. Beim Aussteigen aus dem Path sind wir langsam und ungeschickt, eine der Taschen bleibt in der sich schliessenden Tuere klemmen. Aus dem Nichts stemmen drei Maenner die Tueren wieder auf - die Tasche ist gerettet! Einer der drei ist klein und hat einen enormen weissen Schnurrbart. Er draengt auf Verbruederung. Der andere ist sein Sohn, Eugene. Der dritte ist wieder ins Nichts verschwunden.
Aus einem dankbaren Gefuehl heraus, tue ich so, als koenne ich russisch, nachdem er sagte, er sei Russe. Natuerlich scheitere ich an seiner Geschichte, die sofort aus ihm heraussprudelt. Auf russisch. Also, er war klein und im Ferienlager und konnte nicht schwimmen, ist aber trotzdem in den Fluss gesprungen. Und dann? Eugene springt ein und uebersetzt fuer mich: Ein SS-Mann kam vorbei und hat ihn gerettet. Er gab dem SS-Mann Brot und der gab ihm einen Loeffel mit eingraviertem Hakenkreuz und der Zahl 1942. Seitdem liebt er die Deutschen.
Wie schoen!
Was soll ich dazu sagen? Ausser: aha, das gab's also auch. Beklemmtes Laecheln. Ich komme ohnehin nicht zu Wort. Wir sollen doch alle am Sonntag ins Museum gehen. Eugene meldet sich!
Der Sonntag ist lange verstrichen und Eugene hat sich nicht gemeldet. Irgendwie macht ihn das sympathisch. (Der Einstieg in einen Teufelskreis ...)

Auto Space

Bei uns in Jersey City ist es ja nicht ganz so schlimm mit dem Platzmangel wie auf der anderen Seite vom Hudson. Trotzdem stehen alle Autos vor den Garagen. Ein Zimmer mehr.
Am liebsten ist mir die Szene an der Ecke zur Chestnut Avenue: Die Tuer hochgelassen, drinnen heimeliges Neonlicht und die Maenner stehen mit Bierdosen und Daunenjacken um den Fernseher herum.


suburb

Hallofuckinween II

Nach einem Fehlstart im Dempsey’s sind wir auf C.s Party im Meatpacking District. Sehr entspannt, ein ueberraschend angenehmer und unpraetentioeser Ort! Es ist warm genug, dass wir ohne Jacken im kleinen Garten sitzen koennen (wenn wir doch mal nicht tanzen). Das ueberzeugendste Kostuem haben wir den ganzen Abend neben uns: jemand geht als Julia Stiles.
Dann kommt A. als Elvis verkleidet und draengt uns, sofort auf die Manhattaner Halloweenparty mitzukommen. Julia hat ihn scheinbar nicht ausreichend beeindruckt! Wir waegen ab, es ist so nett hier, aber es ist auch schon spaet und viel wird nicht mehr passieren, also na gut.
Wir landen im 90° von Chelsea. Immerhin hat uns A. an der Tuer vorbeigeschleust (30 $!!). Im Backroom wird gestrippt und jetzt weiss ich endlich auch, was lap dance ist ... Ansonsten allgegenwaertiger Tunnelblick.

Donnerstag, 7. Oktober 2004

Notreserve

Sollten die Zigaretten mal knapp werden, kann man jederzeit (das wird auch sehr gerne gesehen) zum Sheraton in die 7th Avenue rueber gehen. Da stecken kaum angerauchte Kippen im riesigen Sandascher. Vom Warten auf die Limousine (immer in nullkommanichts da).
Holen tut man sich da sicher nichts. Nur was fuer Insider ...

Dienstag, 5. Oktober 2004

Late Hours

Nachts alleine den Broadway herunterspazieren - das wird mir nie langweilig. Eile verbietet sich von selbst, funktioniert oft allein auch physisch schon gar nicht. Schon einige Blocks bevor der Times Square auftaucht, beginnt es zu brummen, dann tauche ich ein in ein Meer von Touristen, aufgebrezelten Teenagern, Paaren, Strassenmusikern und Haendlern. Tausende von Augen, die nach oben schauen. Menschen, die andere beim Fotografieren filmen und umgekehrt. Ich fuehle mich abgeklaert genug, um mir die Menschen und nicht die Lichter anzuschauen und zu wenig abgeklaert, um es nicht umwerfend zu finden.
Wenn ich die 42. Strasse ueberquert habe, hoert es abrupt auf. Ich erwache aus einem Rausch und laufe die letzten neun Blocks hinunter, beschwingt und erfrischt, als haette ich nicht gerade 12 Stunden gearbeitet.

Dienstag, 28. September 2004

Endstation Greenwich Village

Giles und ich sind mehr aus Versehen als aus irgendeinem anderen Grund ins Greenwich Village gestolpert. Wir wussten nicht einmal, wo wir waren.
Eigentlich haetten wir nur schlussfolgern muessen. Alles ist so malerisch: malerische kleine Straesschen von Kirschbaeumen gesaeumt, malerische Haeuser und malerische Menschen in und vor malerischen Geschaeften und malerischen Cafes.
Mrs. Herman Munster mit akkuraten weissen Straehnen im schwarzen Dutt trinkt ihren Nachmittagstee im Mona Lisa (hier brauchen die Laeden keine ausgefallenen Namen). Die gepiercten Ledermaenner mit den definierten Muskeln chit-chatten vor dem Friseursalon mit der Regenbogenflagge. Der Vater auf dem Fahrrad, seinen Sohn auf der Stange balanzierend, der Sohn auf der Ukulele klimpernd - werden sie bezahlt? Gehoeren sie zu den staendigen Attraktionen oder sieht man sie nur dienstags?

Streifschuss

Eine verlassene oder zumindest sehr verlassen wirkende Tankstelle muss fuer Giles' und meine Fotoexperimente herhalten.
... so verlassen ist sie dann wohl doch nicht. Ich fuehle mich beobachtet! Woher kommen in dieser Gegend nur die vielen Typen, die mir alle paar Sekunden durchs Bild schlurfen? Soll ich mich beklemmt fuehlen?
Ein alter, dicker Strassenkreuzer haelt neben mir. Drinnen sitzt ein ebensolcher Mann mit taetowierten Armen und winkt mich ran. Um mich vor "coloured people" zu warnen und mir zu raten, meine Kamera und meinen Schmuck zu verstecken (meinen Schmuck! Hahahahaha!).
Ich bin hin- und hergerissen zwischen 'Du Rassist!' und 'Er meints ja nur gut.'
Immerhin erzaehlt er mir auch, dass der riesige Krankenhauskomplex, der duester ueber Jersey City thront und mir schon oft aufgefallen war, bald abgerissen wird und schon seit Monaten leer steht. Seltsam, auch ohne das zu wissen, wirkte er von Anfang an wie eine Bauruine auf mich, irgendwie leblos, obwohl es eigentlich keine rationalen Anzeichen dafuer gab.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Archiv

Mai 2024
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
 
 
 
 
 

Aktuelle Beiträge

Auf meiner Park Slope-Tour...
Auf meiner Park Slope-Tour laufe ich in die falsche...
cherri - 7. Sep, 17:40
Jetzt hab ich doch auf...
Jetzt hab ich doch auf Wlan in der Waschküche vom YMCA...
cherri - 5. Sep, 18:47
Der erste Abend. Meine...
Der erste Abend. Meine Mutter ist müde, ich eigentlich...
cherri - 30. Aug, 16:59
Um dem Nachdenklichen...
Um dem Nachdenklichen hier mal nicht so viel Gewicht...
cherri - 30. Aug, 16:56
Jetzt ist es fast schon...
Jetzt ist es fast schon eine Woche und ich bin zu nichts...
cherri - 30. Aug, 16:56

Status

Online seit 7189 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 7. Sep, 17:40

aroma
Blabla
breaking news
Experimentierfeld
Internet-Orte
ob das wohl gut geht?
Oertchen
Streetlife
Was es alles gibt
Wild Life
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren