Dienstag, 5. Oktober 2004

Late Hours

Nachts alleine den Broadway herunterspazieren - das wird mir nie langweilig. Eile verbietet sich von selbst, funktioniert oft allein auch physisch schon gar nicht. Schon einige Blocks bevor der Times Square auftaucht, beginnt es zu brummen, dann tauche ich ein in ein Meer von Touristen, aufgebrezelten Teenagern, Paaren, Strassenmusikern und Haendlern. Tausende von Augen, die nach oben schauen. Menschen, die andere beim Fotografieren filmen und umgekehrt. Ich fuehle mich abgeklaert genug, um mir die Menschen und nicht die Lichter anzuschauen und zu wenig abgeklaert, um es nicht umwerfend zu finden.
Wenn ich die 42. Strasse ueberquert habe, hoert es abrupt auf. Ich erwache aus einem Rausch und laufe die letzten neun Blocks hinunter, beschwingt und erfrischt, als haette ich nicht gerade 12 Stunden gearbeitet.

Howdy

Irgendetwas Wunderbares hat diesen Ort vor seinem Untergang gerettet: ein Kinopalast alter Schule, pompoes wie ein Opernhaus, morbide wie eine alte Fabrik. Direkt an unserer Bahnstation in Jersey. Vielleicht ein unattraktiver Ort fuer Investoren. Und deshalb wurde er nicht abgerissen.
Drinnen glitzert es dunkel. Blutrot, golden und kristallen. Mit Ornamenten wurde nicht gespart.
An seinem 75. Geburtstag gibt es fuer 35 Cent "Mr. Smith goes to Washington". "Today's Entertainment at yesterday's prices". Wieso eigentlich nicht gleich yesteryear? Diese Art von Event scheint eher Leute mit demselben Geburtsjahr anzulocken. Nicht besonders hip. Ist ja auch nur Jersey. Fairerweise muss ich sagen, es hat geschuettet wie aus Kuebeln, den ganzen Tag, die ganze Nacht, da geht man ungern auch nur ueber die Strasse.
Die Akustik ist gewoehnungsbeduerftig, der Film auch, trotzdem habe ich den ganzen Abend das Gefuehl, bei etwas Besonderem dabei zu sein ...

Laubtouristen

Darf ich M. glauben, dann ist der Laubtourismus hier noch wesentlich groesser als der Sommertourismus. Diese Farbexplosion darf man sich natuerlich nicht entgehen lassen, obwohl ich es eigentlich noch immer als hauptsaechlich gruen empfinde.
Am Freitag sind wir also aufs Land gefahren, in ein friedliches Dorf, umgeben von sanften Huegeln und bunten Holzhaeusern mit weissen Fensterrahmen. Der Himmel so tiefblau, dass es in den Augen schmerzte, wenn man sie anhob, um den immer kreisenden Raubvoegeln zuzusehen. Dieser Frieden, diese Ruhe. Dass das Dorf das Wort "Factory" im Namen traegt, ist ein purer Euphemismus.
Die weit ausgebreiteten Arme unserer aller Freunde Donna und Calvin, Tommy und Ralph ...


herbst

Turn up the Eagles - the neighbours are listening

Es ist Mitternacht, ich bin gerade nach Hause gekommen, und auf dem Kuechentisch steht eine unangetastete Pizza vom Domino-Lieferservice. Dazu ein Paket mit Pizzabrot, auch das ist unberuehrt.
Beides duftet dezent vor sich hin, obwohl es schon eiskalt ist. Oben laeuft der Fernseher - moerderisch laut. Was ist los - sind alle noch am Leben?

Muetzchen kuehlen

Der Kuehlschrank in unserem Zimmer ist die perfekte Tinitus-Emulation.
Man spuert den Schmerz erst, wenn er sich zwischendurch kurz abschaltet, um neuen Atem zu holen ...

Meine Homies at five corners

In der unangenehmen Situation, lange Texte schreiben zu muessen, ohne einen eigenen Computer zu haben, lerne ich die lokale Bibliothek mehr und mehr schaetzen ...
Es fing damit an, dass der Mann am Tresen fragte: "Where is Giles?" Als waere ich ihm nicht gut genug. Spaeter tauchte er hinter mir auf: "Hey Cherry, you write in German?" Dann begann er mir Minuten - nein ganze Stunden - zuzuschustern.
Die strenge Lady von der Buecherrueckgabe schlug auch bald in dieselbe Kerbe. Am letzten Abend schaekerte sie sogar mit mir, meine Diskette hinter ihrem Ruecken versteckt: "Where's your floppy, Cherry?"
"Bye - see ya tomorrow ..."

Donnerstag, 30. September 2004

Sunny day ...

Ich wollte ja nichts sagen, um mein Glueck nicht herauszufordern, aber ja, ich schreibe heute zum ersten mal aus der Sesamstrasse. Und das heisst nicht nur, dass mir endlich mal wieder fuer laengere Zeit ein Computer zur Verfuegung steht ...

Dienstag, 28. September 2004

Coney Island, Baby

Ich hatte es ja geahnt, und es ist wahr: Coney Island ist ganz wunderbar!
Der morbide Charme eines niedergegangenen Seebads. Das denke nicht nur ich, sondern offenbar auch diese Hunderte von Filmleuten, die uns bitten, doch ein wenig weiter rechts zu stehen. Die Strandpromenade mit dem Vergnuegungspark ist natuerlich sensationell und sehr kinegen, ich wuerde hier ja auch filmen ...
Trotzdem lohnt es sich, die Pfade zu verlassen und im einsamen Strandbad an einem der vielen leeren Picknicktische zu sitzen und die alten und jungen Paare zu beobachten, die es hier zu moegen scheinen. Wie automatisch reden auch wir ueber die Liebe.
Little Odessa by the Sea - hier gibt es Lebensmittel mit Gemuese von einer Qualitaet, die ich in der Stadt noch nicht gesehen habe. Und auch noch billig! Am Abend gibt es ein Salat-Fest.

Ich kann einfach nicht anders, als die ins Herz zu schliessen, die es so schaetzen wie ich: Am spaeten Nachmittag auf dem Boardwalk sitzen und ein Bier trinken ... Wann hab ich mal ein Date hier?!


coney

Natuerliche Laessigkeit

Bei JCPenney gibt es im Sale ein AC/DC-T-Shirt. Immerhin 40% runtergesetzt.

Beuteschema

Maenner mit taetowierten Armen. Wo ich bin, sind auch sie.
"Total freedom means total control." - "I think that's a paradox." Styrkt & Stolz.
5 a.m. - Zeit nach Hause zu gehen.

Rockaway

Der ueberirdische Strand von Rockaway Beach!
Als wir aus der U-Bahn aussteigen, sieht es aus, als waere Sylt zum Getto geworden: Scherben und Dreck, backsteinbraune Wohnsilos, Leute im Gangsta-Style, Autoruinen und Maschendrahtzaeune - Duenen, sich wiegendes trockenes Gras, salzige Luft, Moewen, meterhohe Wellen - der Atlantik in seiner ganzen Pracht.
Unbeirrt fahren wir auf dem Boardwalk Richtung Westen, wo bald Surfer und Skater auftauchen, schliesslich auch Familien und Alte. Die Haeuser werden kleiner. Dass man sich in seinem eigenen Getto doch am wohlsten fuehlt ...!
Kurz darauf hat uns der Ozean. Es ist fast Oktober, aber das Wasser ist warm und die Wellen sind mannshoch. Instant-Glueck.

Safe Places

In der U-Bahn nach Rockaway Beach sind Giles und ich die einzigen Weissen. Nicht, dass wir uns unwohl fuehlen.
Ein Gefuehl von Sicherheit verleiht auch der uralte Inder uns gegenueber mit hellblauem Turban und seinem Company Shirt: "International Security System" neben der US-Flagge. Nach einer Weile hat er keine Lust mehr, die Indian Times zu lesen und steckt sie wieder in seinen Winnie-Puh-Rucksack.

Touristin

Sonntagnachmittag: Mit dem Fahrrad ueber die Queensboro Bridge und Nordqueens durchqueren. Auf der Karte sah es so kurz aus. Nur zwanzig Blocks. Wenn man davon ausgeht, dass nach der 30th Avenue die 29th Avenue kommt. Zu dumm, es gibt auch noch 30th Drive, 30th Road und - schon wieder! - 30th Drive. Als ich endlich im Bohimian Beer Garden in Astoria Queens ankomme, bin ich ganz schoen kaputt.
Und irgendwie hatte ich mir, warum auch immer, mehr die Boheme als Boehmen vorgestellt. Jetzt sitze ich hier und hoere Blasmusik, gleich kommt auch noch eine Band! Orte, denen ich zu Hause versuche, zu entkommen. Wieso wird man im Ausland von wohlmeinenden Einheimischen nur an solche Orte verbracht? (Nicht, dass ich die Erfahrung missen moechte.)
Sieh an, eine Blaskapellenversion vom Ententanz!

gettin' used to it

A. erzaehlt mir, dass er - der New Yorker - immer noch jedesmal wenn er am Times Square aussteigt (besonders nachts) denkt: Wow.
Ich bin froh, dass das so ist.

Endstation Greenwich Village

Giles und ich sind mehr aus Versehen als aus irgendeinem anderen Grund ins Greenwich Village gestolpert. Wir wussten nicht einmal, wo wir waren.
Eigentlich haetten wir nur schlussfolgern muessen. Alles ist so malerisch: malerische kleine Straesschen von Kirschbaeumen gesaeumt, malerische Haeuser und malerische Menschen in und vor malerischen Geschaeften und malerischen Cafes.
Mrs. Herman Munster mit akkuraten weissen Straehnen im schwarzen Dutt trinkt ihren Nachmittagstee im Mona Lisa (hier brauchen die Laeden keine ausgefallenen Namen). Die gepiercten Ledermaenner mit den definierten Muskeln chit-chatten vor dem Friseursalon mit der Regenbogenflagge. Der Vater auf dem Fahrrad, seinen Sohn auf der Stange balanzierend, der Sohn auf der Ukulele klimpernd - werden sie bezahlt? Gehoeren sie zu den staendigen Attraktionen oder sieht man sie nur dienstags?

...

Die wohl widerwaertigste Dirty-Old-Man-Textzeile der Welt:
If I said you had a beautiful body, would you hold it against me?

Streifschuss

Eine verlassene oder zumindest sehr verlassen wirkende Tankstelle muss fuer Giles' und meine Fotoexperimente herhalten.
... so verlassen ist sie dann wohl doch nicht. Ich fuehle mich beobachtet! Woher kommen in dieser Gegend nur die vielen Typen, die mir alle paar Sekunden durchs Bild schlurfen? Soll ich mich beklemmt fuehlen?
Ein alter, dicker Strassenkreuzer haelt neben mir. Drinnen sitzt ein ebensolcher Mann mit taetowierten Armen und winkt mich ran. Um mich vor "coloured people" zu warnen und mir zu raten, meine Kamera und meinen Schmuck zu verstecken (meinen Schmuck! Hahahahaha!).
Ich bin hin- und hergerissen zwischen 'Du Rassist!' und 'Er meints ja nur gut.'
Immerhin erzaehlt er mir auch, dass der riesige Krankenhauskomplex, der duester ueber Jersey City thront und mir schon oft aufgefallen war, bald abgerissen wird und schon seit Monaten leer steht. Seltsam, auch ohne das zu wissen, wirkte er von Anfang an wie eine Bauruine auf mich, irgendwie leblos, obwohl es eigentlich keine rationalen Anzeichen dafuer gab.

Wunsch und Wirklichkeit

In unserem lokalen Supermarkt ShopRite stolpert mein Augenwinkel ueber das Schild Ethnic Products. Was sich wohl dahinter verbirgt? Unmoegliche rassistische Klischees schiessen mir durchs Hirn. Nichts wie hin und nachsehen!

... aha, also hier gibt es Kamillentee.

Put a hundred down and buy a ... bike

Ich bin seit einer Woche Besitzerin eines wunderschoenen schwarzen alten Herrenrads mit unglaublich dicken Reifen mit denen man jeden Bordstein raufbrettern kann. Das ist nicht nur praktisch fuer das schoene Jersey, sondern auch fuer New York, denn bestimmte Avenuen koennen selbst hier langweilen, wenn man sie schon zum siebzehnten Mal enlang latscht.
Also: neugewonnene Freiheit, ein neuer Blickwinkel, das Gefuehl, viel mehr zu sehen - und ein neuer Anknuepfungspunkte fuer Fremde. Frauen mit Fahrraedern scheinen hier selten zu sein ...
Die Blicke von Jersey aus sind besonders spektakulaer: wenn ganz unvermittelt die beruehmte Skyline auftaucht, einen immer wieder ueberrascht und man sich kneifen will, weil alles so unwirklich erscheint.

Indian

Obwohl es noch so heiss ist, scheinen die Baeume langsam aufzugeben. Immer mehr kraftlose Blaetter rieseln von ihnen in unser Backyard.
Das macht wohl den Indian Summer aus: warm und knallblauer Himmel, aber ab dem fruehen Nachmittag lange Schatten einer Sonne, die in vergoldendem Winkel steht und bunter werdende Blaetter. Es fuehlt sich nach Sommer und Herbst gleichzeitig an. Hoffentlich haelt er noch lange durch!

Freitag, 24. September 2004

Freak Show

Jakob, mit dem ich mich im Biergarten traf, erzaehlte mir, dass er gestern nach der Party nicht schlafen konnte und ferngesehen hat. Es kam ein Infomercial. Gastgeber waren identical midget twins - ein eineiiges zwergenwuechsiges Zwillingspaar - das fuer eine kostenlose Veranstaltung ueber unerklaerliche Finanzierungssysteme warb. Wie grausam! Ich wuerde sie so gerne sehen!
Im Hintergrund waren sicher dunkelrote Samtvorhaenge.

Evil Mr. Softee

Wenn man in Hoboken, Downtoen Jersey City oder Rockaway Beach auf Mr. Softee stoesst, ist er auf jedenfall der Mr. Softee, den wir lieben. Es dauert einfach seine Zeit, ein gutes Softeis zu zapfen, da nimmt man Schlangestehen doch gerne in Kauf. Und auch $ 1.50 ist angebracht.
In Manhattan bekommt man bei Evil Mr. Softee ein schlampig (in Sekundenbruchteilen!) gezapftes Vanilleeis mit Rainbow-Sprinkles fuer $ 3.00. Das kann doch nicht schmecken!

Jeden Abend zwischen neun und zehn hoeren wir uebrigens den Mr. Softee unseres Vertrauens durch unsere dunkle Strasse fahren und seine unheimliche Melodie spielen, die wie eine ueberdimensionierte Spieluhr klingt. Irgendwann werden wir es hoffentlich auch hinbekommen, noch Platz fuer ein Dessert zu lassen und rechtzeitig hinauszulaufen um ihn zu stoppen!

Pfadfinder

Ganz alleine sind wir auf einen Let's Go-Insidertipp gestossen: Sowas macht stolz. (Ich hab's erst spaeter nachgelesen ...)
Der Ort: ein Loch in einer Hauswand mit Namen "Fried Dumpling". Die Spezialitaet: Chinesische gefuellte Teigtaschen, gebraten oder gekocht. Ausserdem gibt es noch Sesambrot mit Gemuese und beispielsweise Thunfisch. Unglaublich lecker! Und ein Schnaeppchen (1.50). Satt ist man auch.
Leider hab ich meine Koriander-Unvertraeglichkeit vergessen. Und weil ich deshalb nie Koriander esse, hab ich auch vergessen, wie Koriander schmeckt. Und dachte nur: diese Petersilien-Unterart schmeckt aber super! Spaete Reue. Kalter Schweiss und Schwindel. Am naechsten Morgen ist es vorbei, nur den Koriandergeschmack und -geruch trage ich noch ein paar Tage mit mir rum. Da bekommt man doch wirklich was fuer sein Geld!

yummy

Mittwoch, 15. September 2004

Oeffentlicher Segen, nicht ohne Nachteile

Seit ein paar Tagen gehen Giles und ich in die Five Corners Branch Library, um umsonst online zu gehen. Was uns viel Geld und Zeit spart, denn sie ist gleich um die Ecke von unserem Zuhause.
Hier sind ausser uns fast nur Schwarze und die Klimaanlage ist die meiste Zeit viel zu stark aufgedreht (seit wir uns Jacken mitbringen allerdings nicht mehr, die Jacken liegen ungenutzt in Bibliotheksecken und stauben ein).
Was das Ganze etwas anstrengend macht: Eigentlich steht einem eine halbe Stunde Computernutzung zu. Und wir alle wissen, was eine halbe Stunde an einem Computer ist: nichts. Nach einem undurchschaubar willkuerlichen System bekommen wir aber hin und wieder kurz vorm Auslaufen der Zeit fuenf weitere Minuten geschenkt. Minuten, in denen man nichts neues anfangen will. Deshalb einen um den naechsten Beitrag ins Weblog hackt, anstatt eine persoenliche Email zu schreiben.
Letzte Woche fuehlte ich mich ausgesprochen ungerecht behandelt, als ich auf Giles wartete und sich ihre Zusatzminuten zu einer Dreiviertelstunde addierten.
Heute ist das alles vergessen, denn jetzt sitzen wir beide schon eine Stunde nebeneinander und hacken munter drauf los. Aber was wird aus Coney Island?

Michelle

Die erste Wohnung, die wir in Manhattan anschauten, wirkte eigentlich ganz vielversprechend: Eine lauschige Strasse in Hell's Kitchen mit Baeumen, niedrigen Backsteinhaeusern und (!) Feuerleitern.
Das Haus war aussen frisch gestrichen, auch das Treppenhaus wirkte nett. Die Wohnung, in der wir den Schluessel bekommen sollten, war allerdings muffig und etwas duester - aber es war ja nur die Nachbarswohnung. Als erstes sahen Angel und ich (Giles hing noch im Path Train fest) eine grotesk geschorene Katze mit Loewenmaehne und Loewenpuschel am hinteren Schwanzende. Die Frau, die uns geoeffnet hatte, hantierte schon wieder mit ihren Einweghandschuhen in der Kueche und sagte uns, wir sollten ins Wohnzimmer durchgehen, um mit Michelle zu sprechen. Dann sahen wir Michelle. Alles was ich ueber sie schreiben koennte, wuerde sich gemein anhoeren. (Sie sass, unfaehig sich zu bewegen, auf ihrem Sofa, in ihrem Nachthemd, grotesk fett mit Flohstichen uebersaet.)
Angel und ich konnten nichts sagen. Die Dame in der Kueche oeffnete uns die Nachbarwohnung. Wir waren froh, nicht mehr nebenan sein zu muessen und diese Beklemmung nicht mehr spueren zu muessen. Wohl auch aus dieser Erleichterung heraus haben wir einige Momente ueberlegt, ob wir uns in dieser Wohnung vorstellen koennten. Sie hatte immerhin zwei Zimmer, einen Kamin und einen Feuerleiterbalkon und war in dieser schoenen Gegend.
Aber sie war auch muffig, zerwohnt, ueberall standen Kisten und bedrueckende Fotos von alten Leuten und auf jedem Gegenstand eine lag eine eingewachsen erscheinende Schicht aus Fett und Staub. Auf dem Schlafsofa haette man ehrlicherweise nicht einmal sitzen moegen. Als ich Giles unten empfing konnte ich ihr nichts sagen, so gross waren meine Beklemmung und Unsicherheit. Ihr frischer Blick hat uns dann gerettet. Sie hat den Bann gebrochen und einen Fluchtimpuls ausgeloest. Angel und ich gingen - der Hoeflichkeit wegen (wir haben uns wirklich gefuerchtet) - noch einmal zu Michelle.
Das klingt wahrscheinlich nach verwoehnten Mittelklasse-Goeren, aber dieser Ort hatte einen woertlich zu nehmenden Trauerflor auf allem, was sich dort befand, Besucher eingeschlossen. Eine unentrinnbare Trostlosigkeit, die wirklich schwer zu verkraften war. Die uns vielleicht noch mehr beruehrt hat, weil wir uns ernsthaft fuer ein paar Minuten ausgemalt haben, dort fuer laengere Zeit zu leben.
Wieder auf der Strasse zu sein und sich in einem McDonald's die Haende waschen zu koennen, das tat danach unbeschreiblich gut.

Mr. Softee

Um noch ein bisschen auf dem Maedchen-Trip haengen zu bleiben: Immer, wenn Giles, Angel oder ich einen Mr. Softee-Ice-Cream-Van sehen oder sein Gebimmel irgendwo in der Ferne hoeren, muessen wir in "Mr. Softee!!!"-Gebruell ausbrechen. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz.
Aber das hat natuerlich auch seinen Grund. Als Giles und ich in Hoboken spazieren waren, verschnauften wir in einem lichtdurchfluteten Park mit haufenweisen Kindern, Muettern, Omas, Hunden und Schachspielern. Bevor man ihn sah, konnte man schon die Mr. Softee-Melodie hoeren, was dann passierte klingt, wie so vieles, das wir hier erleben, wie aus einer schlechten Fernsehserie: Kleine Maedchen mit Dollarscheinen in den Haenden RANNTEN auf Mr. Softee zu und innerhalb von ein paar Sekunden hatte sich eine Riesenschlange gebildet.
Giles und ich zoegerten noch, aber nicht allzu lange. Wir mussten lange anstehen, aber es machte uns nichts aus. Und es lohnte sich. Ich verkneife mir jetzt mal Erguesse ueber das leckerste Softeis der Welt ...


softee

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