Dienstag, 28. September 2004

Coney Island, Baby

Ich hatte es ja geahnt, und es ist wahr: Coney Island ist ganz wunderbar!
Der morbide Charme eines niedergegangenen Seebads. Das denke nicht nur ich, sondern offenbar auch diese Hunderte von Filmleuten, die uns bitten, doch ein wenig weiter rechts zu stehen. Die Strandpromenade mit dem Vergnuegungspark ist natuerlich sensationell und sehr kinegen, ich wuerde hier ja auch filmen ...
Trotzdem lohnt es sich, die Pfade zu verlassen und im einsamen Strandbad an einem der vielen leeren Picknicktische zu sitzen und die alten und jungen Paare zu beobachten, die es hier zu moegen scheinen. Wie automatisch reden auch wir ueber die Liebe.
Little Odessa by the Sea - hier gibt es Lebensmittel mit Gemuese von einer Qualitaet, die ich in der Stadt noch nicht gesehen habe. Und auch noch billig! Am Abend gibt es ein Salat-Fest.

Ich kann einfach nicht anders, als die ins Herz zu schliessen, die es so schaetzen wie ich: Am spaeten Nachmittag auf dem Boardwalk sitzen und ein Bier trinken ... Wann hab ich mal ein Date hier?!


coney

Natuerliche Laessigkeit

Bei JCPenney gibt es im Sale ein AC/DC-T-Shirt. Immerhin 40% runtergesetzt.

Beuteschema

Maenner mit taetowierten Armen. Wo ich bin, sind auch sie.
"Total freedom means total control." - "I think that's a paradox." Styrkt & Stolz.
5 a.m. - Zeit nach Hause zu gehen.

Rockaway

Der ueberirdische Strand von Rockaway Beach!
Als wir aus der U-Bahn aussteigen, sieht es aus, als waere Sylt zum Getto geworden: Scherben und Dreck, backsteinbraune Wohnsilos, Leute im Gangsta-Style, Autoruinen und Maschendrahtzaeune - Duenen, sich wiegendes trockenes Gras, salzige Luft, Moewen, meterhohe Wellen - der Atlantik in seiner ganzen Pracht.
Unbeirrt fahren wir auf dem Boardwalk Richtung Westen, wo bald Surfer und Skater auftauchen, schliesslich auch Familien und Alte. Die Haeuser werden kleiner. Dass man sich in seinem eigenen Getto doch am wohlsten fuehlt ...!
Kurz darauf hat uns der Ozean. Es ist fast Oktober, aber das Wasser ist warm und die Wellen sind mannshoch. Instant-Glueck.

Safe Places

In der U-Bahn nach Rockaway Beach sind Giles und ich die einzigen Weissen. Nicht, dass wir uns unwohl fuehlen.
Ein Gefuehl von Sicherheit verleiht auch der uralte Inder uns gegenueber mit hellblauem Turban und seinem Company Shirt: "International Security System" neben der US-Flagge. Nach einer Weile hat er keine Lust mehr, die Indian Times zu lesen und steckt sie wieder in seinen Winnie-Puh-Rucksack.

Touristin

Sonntagnachmittag: Mit dem Fahrrad ueber die Queensboro Bridge und Nordqueens durchqueren. Auf der Karte sah es so kurz aus. Nur zwanzig Blocks. Wenn man davon ausgeht, dass nach der 30th Avenue die 29th Avenue kommt. Zu dumm, es gibt auch noch 30th Drive, 30th Road und - schon wieder! - 30th Drive. Als ich endlich im Bohimian Beer Garden in Astoria Queens ankomme, bin ich ganz schoen kaputt.
Und irgendwie hatte ich mir, warum auch immer, mehr die Boheme als Boehmen vorgestellt. Jetzt sitze ich hier und hoere Blasmusik, gleich kommt auch noch eine Band! Orte, denen ich zu Hause versuche, zu entkommen. Wieso wird man im Ausland von wohlmeinenden Einheimischen nur an solche Orte verbracht? (Nicht, dass ich die Erfahrung missen moechte.)
Sieh an, eine Blaskapellenversion vom Ententanz!

gettin' used to it

A. erzaehlt mir, dass er - der New Yorker - immer noch jedesmal wenn er am Times Square aussteigt (besonders nachts) denkt: Wow.
Ich bin froh, dass das so ist.

Endstation Greenwich Village

Giles und ich sind mehr aus Versehen als aus irgendeinem anderen Grund ins Greenwich Village gestolpert. Wir wussten nicht einmal, wo wir waren.
Eigentlich haetten wir nur schlussfolgern muessen. Alles ist so malerisch: malerische kleine Straesschen von Kirschbaeumen gesaeumt, malerische Haeuser und malerische Menschen in und vor malerischen Geschaeften und malerischen Cafes.
Mrs. Herman Munster mit akkuraten weissen Straehnen im schwarzen Dutt trinkt ihren Nachmittagstee im Mona Lisa (hier brauchen die Laeden keine ausgefallenen Namen). Die gepiercten Ledermaenner mit den definierten Muskeln chit-chatten vor dem Friseursalon mit der Regenbogenflagge. Der Vater auf dem Fahrrad, seinen Sohn auf der Stange balanzierend, der Sohn auf der Ukulele klimpernd - werden sie bezahlt? Gehoeren sie zu den staendigen Attraktionen oder sieht man sie nur dienstags?

...

Die wohl widerwaertigste Dirty-Old-Man-Textzeile der Welt:
If I said you had a beautiful body, would you hold it against me?

Streifschuss

Eine verlassene oder zumindest sehr verlassen wirkende Tankstelle muss fuer Giles' und meine Fotoexperimente herhalten.
... so verlassen ist sie dann wohl doch nicht. Ich fuehle mich beobachtet! Woher kommen in dieser Gegend nur die vielen Typen, die mir alle paar Sekunden durchs Bild schlurfen? Soll ich mich beklemmt fuehlen?
Ein alter, dicker Strassenkreuzer haelt neben mir. Drinnen sitzt ein ebensolcher Mann mit taetowierten Armen und winkt mich ran. Um mich vor "coloured people" zu warnen und mir zu raten, meine Kamera und meinen Schmuck zu verstecken (meinen Schmuck! Hahahahaha!).
Ich bin hin- und hergerissen zwischen 'Du Rassist!' und 'Er meints ja nur gut.'
Immerhin erzaehlt er mir auch, dass der riesige Krankenhauskomplex, der duester ueber Jersey City thront und mir schon oft aufgefallen war, bald abgerissen wird und schon seit Monaten leer steht. Seltsam, auch ohne das zu wissen, wirkte er von Anfang an wie eine Bauruine auf mich, irgendwie leblos, obwohl es eigentlich keine rationalen Anzeichen dafuer gab.

Wunsch und Wirklichkeit

In unserem lokalen Supermarkt ShopRite stolpert mein Augenwinkel ueber das Schild Ethnic Products. Was sich wohl dahinter verbirgt? Unmoegliche rassistische Klischees schiessen mir durchs Hirn. Nichts wie hin und nachsehen!

... aha, also hier gibt es Kamillentee.

Put a hundred down and buy a ... bike

Ich bin seit einer Woche Besitzerin eines wunderschoenen schwarzen alten Herrenrads mit unglaublich dicken Reifen mit denen man jeden Bordstein raufbrettern kann. Das ist nicht nur praktisch fuer das schoene Jersey, sondern auch fuer New York, denn bestimmte Avenuen koennen selbst hier langweilen, wenn man sie schon zum siebzehnten Mal enlang latscht.
Also: neugewonnene Freiheit, ein neuer Blickwinkel, das Gefuehl, viel mehr zu sehen - und ein neuer Anknuepfungspunkte fuer Fremde. Frauen mit Fahrraedern scheinen hier selten zu sein ...
Die Blicke von Jersey aus sind besonders spektakulaer: wenn ganz unvermittelt die beruehmte Skyline auftaucht, einen immer wieder ueberrascht und man sich kneifen will, weil alles so unwirklich erscheint.

Indian

Obwohl es noch so heiss ist, scheinen die Baeume langsam aufzugeben. Immer mehr kraftlose Blaetter rieseln von ihnen in unser Backyard.
Das macht wohl den Indian Summer aus: warm und knallblauer Himmel, aber ab dem fruehen Nachmittag lange Schatten einer Sonne, die in vergoldendem Winkel steht und bunter werdende Blaetter. Es fuehlt sich nach Sommer und Herbst gleichzeitig an. Hoffentlich haelt er noch lange durch!

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Archiv

September 2004
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
11
12
13
16
17
18
19
20
21
22
23
25
26
27
29
 
 
 
 
 

Aktuelle Beiträge

Auf meiner Park Slope-Tour...
Auf meiner Park Slope-Tour laufe ich in die falsche...
cherri - 7. Sep, 17:40
Jetzt hab ich doch auf...
Jetzt hab ich doch auf Wlan in der Waschküche vom YMCA...
cherri - 5. Sep, 18:47
Der erste Abend. Meine...
Der erste Abend. Meine Mutter ist müde, ich eigentlich...
cherri - 30. Aug, 16:59
Um dem Nachdenklichen...
Um dem Nachdenklichen hier mal nicht so viel Gewicht...
cherri - 30. Aug, 16:56
Jetzt ist es fast schon...
Jetzt ist es fast schon eine Woche und ich bin zu nichts...
cherri - 30. Aug, 16:56

Status

Online seit 7202 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 7. Sep, 17:40

aroma
Blabla
breaking news
Experimentierfeld
Internet-Orte
ob das wohl gut geht?
Oertchen
Streetlife
Was es alles gibt
Wild Life
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren