Michelle
Die erste Wohnung, die wir in Manhattan anschauten, wirkte eigentlich ganz vielversprechend: Eine lauschige Strasse in Hell's Kitchen mit Baeumen, niedrigen Backsteinhaeusern und (!) Feuerleitern.
Das Haus war aussen frisch gestrichen, auch das Treppenhaus wirkte nett. Die Wohnung, in der wir den Schluessel bekommen sollten, war allerdings muffig und etwas duester - aber es war ja nur die Nachbarswohnung. Als erstes sahen Angel und ich (Giles hing noch im Path Train fest) eine grotesk geschorene Katze mit Loewenmaehne und Loewenpuschel am hinteren Schwanzende. Die Frau, die uns geoeffnet hatte, hantierte schon wieder mit ihren Einweghandschuhen in der Kueche und sagte uns, wir sollten ins Wohnzimmer durchgehen, um mit Michelle zu sprechen. Dann sahen wir Michelle. Alles was ich ueber sie schreiben koennte, wuerde sich gemein anhoeren. (Sie sass, unfaehig sich zu bewegen, auf ihrem Sofa, in ihrem Nachthemd, grotesk fett mit Flohstichen uebersaet.)
Angel und ich konnten nichts sagen. Die Dame in der Kueche oeffnete uns die Nachbarwohnung. Wir waren froh, nicht mehr nebenan sein zu muessen und diese Beklemmung nicht mehr spueren zu muessen. Wohl auch aus dieser Erleichterung heraus haben wir einige Momente ueberlegt, ob wir uns in dieser Wohnung vorstellen koennten. Sie hatte immerhin zwei Zimmer, einen Kamin und einen Feuerleiterbalkon und war in dieser schoenen Gegend.
Aber sie war auch muffig, zerwohnt, ueberall standen Kisten und bedrueckende Fotos von alten Leuten und auf jedem Gegenstand eine lag eine eingewachsen erscheinende Schicht aus Fett und Staub. Auf dem Schlafsofa haette man ehrlicherweise nicht einmal sitzen moegen. Als ich Giles unten empfing konnte ich ihr nichts sagen, so gross waren meine Beklemmung und Unsicherheit. Ihr frischer Blick hat uns dann gerettet. Sie hat den Bann gebrochen und einen Fluchtimpuls ausgeloest. Angel und ich gingen - der Hoeflichkeit wegen (wir haben uns wirklich gefuerchtet) - noch einmal zu Michelle.
Das klingt wahrscheinlich nach verwoehnten Mittelklasse-Goeren, aber dieser Ort hatte einen woertlich zu nehmenden Trauerflor auf allem, was sich dort befand, Besucher eingeschlossen. Eine unentrinnbare Trostlosigkeit, die wirklich schwer zu verkraften war. Die uns vielleicht noch mehr beruehrt hat, weil wir uns ernsthaft fuer ein paar Minuten ausgemalt haben, dort fuer laengere Zeit zu leben.
Wieder auf der Strasse zu sein und sich in einem McDonald's die Haende waschen zu koennen, das tat danach unbeschreiblich gut.
Das Haus war aussen frisch gestrichen, auch das Treppenhaus wirkte nett. Die Wohnung, in der wir den Schluessel bekommen sollten, war allerdings muffig und etwas duester - aber es war ja nur die Nachbarswohnung. Als erstes sahen Angel und ich (Giles hing noch im Path Train fest) eine grotesk geschorene Katze mit Loewenmaehne und Loewenpuschel am hinteren Schwanzende. Die Frau, die uns geoeffnet hatte, hantierte schon wieder mit ihren Einweghandschuhen in der Kueche und sagte uns, wir sollten ins Wohnzimmer durchgehen, um mit Michelle zu sprechen. Dann sahen wir Michelle. Alles was ich ueber sie schreiben koennte, wuerde sich gemein anhoeren. (Sie sass, unfaehig sich zu bewegen, auf ihrem Sofa, in ihrem Nachthemd, grotesk fett mit Flohstichen uebersaet.)
Angel und ich konnten nichts sagen. Die Dame in der Kueche oeffnete uns die Nachbarwohnung. Wir waren froh, nicht mehr nebenan sein zu muessen und diese Beklemmung nicht mehr spueren zu muessen. Wohl auch aus dieser Erleichterung heraus haben wir einige Momente ueberlegt, ob wir uns in dieser Wohnung vorstellen koennten. Sie hatte immerhin zwei Zimmer, einen Kamin und einen Feuerleiterbalkon und war in dieser schoenen Gegend.
Aber sie war auch muffig, zerwohnt, ueberall standen Kisten und bedrueckende Fotos von alten Leuten und auf jedem Gegenstand eine lag eine eingewachsen erscheinende Schicht aus Fett und Staub. Auf dem Schlafsofa haette man ehrlicherweise nicht einmal sitzen moegen. Als ich Giles unten empfing konnte ich ihr nichts sagen, so gross waren meine Beklemmung und Unsicherheit. Ihr frischer Blick hat uns dann gerettet. Sie hat den Bann gebrochen und einen Fluchtimpuls ausgeloest. Angel und ich gingen - der Hoeflichkeit wegen (wir haben uns wirklich gefuerchtet) - noch einmal zu Michelle.
Das klingt wahrscheinlich nach verwoehnten Mittelklasse-Goeren, aber dieser Ort hatte einen woertlich zu nehmenden Trauerflor auf allem, was sich dort befand, Besucher eingeschlossen. Eine unentrinnbare Trostlosigkeit, die wirklich schwer zu verkraften war. Die uns vielleicht noch mehr beruehrt hat, weil wir uns ernsthaft fuer ein paar Minuten ausgemalt haben, dort fuer laengere Zeit zu leben.
Wieder auf der Strasse zu sein und sich in einem McDonald's die Haende waschen zu koennen, das tat danach unbeschreiblich gut.
glimo - 15. Sep, 18:27
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